Schulbank mit 44

Wie lernt man, wenn man schon ewig raus ist?

Comfort Kremser ist 44, hat in Nigeria als Mikrobiologin gearbeitet, ist Mutter zweier schulpflichtiger Kinder, lebt nun in Oberpleis und ist seit etwa zwölf Jahren glücklich verheiratet.

Wenn sich ihre Kinder morgens für die Schule fertigmachen, packt auch Comfort ihre Sachen, um kurze Zeit später ebenfalls die Schulbank zu drücken. Die Kinder glauben, ihre Mutter macht sich auf den Weg zur Arbeit, zum Job … – doch seit Herbst 2022 absolviert Comfort eine Ausbildung zur Pflegekraft.

Mit 19 anderen Pflegekraft-Azubis, die allerdings in der Regel zwanzig Jahre jünger sind als Comfort – besucht sie blockweise die Berufsschule in Troisdorf. Mehrere (lange) Stunden pro Tag folgt sie hier konzentriert dem theoretischen Unterricht in einer neuen Sprache, notiert sich Fragen und Hausaufgaben, bereitet sich auf Referate und Prüfungen vor.

Wie schafft man das?

Wie kriegt man das hin, so viel neuen und anspruchsvollen Stoff zu bewältigen, zwei Kinder großzuziehen, in einer neuen Sprache mit neuen Kollegen und anderen Azubis zu kommunizieren und gleichzeitig singend über die Flure der Wohngruppe Petersberg im Kurhaus am Park zu laufen?

Um den anspruchsvollen Lernstoff zu verarbeiten, macht sich Comfort während des Unterrichts Stichpunkte, liest viel und schreibt sich Fragen auf. Anschließend versucht sie all das zu verinnerlichen, indem sie ihre Notizen und Merkzettel ständig wiederholt. Hier hilft ihr wahrscheinlich auch ihr abgeschlossenes Studium der Mikrobiologie.

 

Zettel, Teamwork und der Blick nach vorne

Offen und nicht zimperlich

Im Kurhaus arbeitet sie aktuell auf der Wohngruppe Petersberg. Die Atmosphäre im Team ist angenehm, „die Kollegen sind freundlich“, urteilt Comfort. Und wenn sie Fehler macht? Wird sie „ebenfalls freundlich darauf hingewiesen“.

Die Kollegen beschreiben die neue Auszubildende als kontaktfreudig, offen, herzlich, empathisch und als nicht zimperlich. Sie loben die guten Fortschritte, die Comfort in der neuen Sprache gemacht hat. Zimperlich ist sie mit Sicherheit nicht … Als Comfort ihren Freundinnen von ihrem neuen Berufswunsch erzählte, hörte sie oft den Satz „Das könnte ich nicht – alte Leute waschen, Windeln wechseln und so …“. Comfort hat damit keine Probleme – sie vergleicht diese Tätigkeiten mit der Betreuung ihres damals schwerkranken Vaters oder erinnert sich an ihre Kinder, denen sie „genauso die Windeln wechselte“.

Probleme hat sie eher mit der „vielen Lauferei über die Flure“ – vielleicht singt sie auch deshalb so gerne - als Hobby-Chorsängerin kennt sie die erfrischende Wirkung von Musik.

Beim Stichpunkt „Sterbebegleitung“ gibt die 44-jährige unumwunden zu, dass dies „keine leichte Aufgabe“ sei. Hier wünscht sie sich, dass auch die Mitarbeiter eine gewisse Begleitung erhalten, dass Gespräche geführt werden, über die Art und Weise der Begleitung – sie wünscht sich hier explizit Feedback und mehr Motivation.

Comforts Motto: „Der Job muss mit Herz gemacht werden und nicht für das Geld!“

Was sie an ihrer Arbeit schätzt, ist die Diversität der Bewohner. Mit jedem Einzelnen pflegt sie einen anderen Kontakt. Auch die Arbeit im Team macht ihr Spaß. Verbesserungsvorschläge hat sie – auf Nachfrage – erst einmal keine. Sie hofft, dass alles so bleibt wie es ist. Im Frühdienst würde sie gerne arbeiten. Das wäre gut, um ihren Familienalltag zu organisieren.

Ach ja, besonders überrascht – und zwar positiv – waren Comfort und auch ihr Mann von dem „tollem Kontakt zu Frau Eikeln“. Stefanie Eikeln, Pflegedienstleitung im Kurhaus am Park, setzt sich für die Belange der Mitarbeiter im Pflegebereich ein. Sie motivierte auch schon andere Interessenten, eine Ausbildung im Kurhaus zu machen, gerne auch mal 40 plus … Denn, selbst wenn das konzentrierte Zuhören über Stunden erst einmal ungewohnt ist, schaffen kann man es! Das zeigt nicht nur Comfort, diese positive Erfahrung machten zum Glück auch schon andere im Kurhaus.