Was war dein intensivster Moment, Christian?
Als junger Mann machte Christian Tölle nach seiner Ausbildung als Krankenpfleger seinen Zivildienst im Kurhaus am Park und blieb. Seit 27 Jahren arbeitet er nun in der Altenpflege. Erfahrungen und Kompetenzen sammelte Christian nicht nur während dieser langen Zeit im Job. Der ausgebildete Krankenpfleger absolvierte auch verschiedene Zusatzausbildungen in den Bereichen Gerontopsychiatrische Pflege und Palliativ-Pflege. Heute arbeitet Christian in der Wohngruppenleitung.
WAS MICH IM JOB BESONDERS BEWEGT HAT? SO EINIGES...
Auf die Frage nach einem besonders intensiven Moment in seinem Beruf muss Christian nicht lange überlegen - ihm fallen direkt mehrere ein...
Zum Beispiel die Momente, in denen Christian als Redner durch die Karnevalsfeiern führt. In seinen Moderationen lässt er oft das gesamte vergangene Jahr Revue passieren. Diese Rückschau stimmt ihn - trotz der ausgelassenen Stimmung, die bei solchen Anlässen natürlich herrscht - oft auch nachdenklich. In diesem (Feier-)Moment wird ihm bewusst, wie schnelllebig und vergänglich die Zeit eigentlich ist. Die gute Laune, die Leichtigkeit, das „Aus-sich-herauskommen“ ist eben nur eine Momentaufnahme, am nächsten Tag kann die Stimmung schon ganz anders sein.
Auch die Weihnachtszeit erlebt Christian als eine Reihe intensiver Momente.
Oft wird diese Zeit mit den Angehörigen verbracht, die Stimmung ist eher besinnlich - statt wie zur Karnevalszeit die Sorgen einfach zu vergessen und für den Moment zu leben - bieten sich die Weihnachtstage an, um tiefer über Dinge oder das Leben nachzudenken.
Für Christian ist es wichtig, in allen Situationen für die Bewohner da zu sein. Er spricht von einer „Begleitung in allen Lebenslagen durch das ganze Jahr hindurch“. An erster Stelle stehen für Christian „nicht die Krankheiten, sondern die Bedürfnisse“ der Bewohner. Für ihn geht es darum, jede Veränderung wahrzunehmen und diese auch anzunehmen.
Was er genau damit meint, macht er mit einem ganz besonderen Erlebnis deutlich:
Dementiell veränderte Dame trifft auf gute Intuition
„Vor einigen Jahren hatten wir eine dementiell veränderte Bewohnerin, die häufig in der Nachbarschaft mit ihrem Rollator unterwegs war. In der Umgebung des Kurhauses war damals ein größeres Unternehmen angesiedelt. Als die Bewohnerin im Kurhaus am Park vermisst wurde, machte ich mich mit dem Fahrrad auf die Suche. Ich fuhr durch die Nachbarschaft und bemerkte eine Person im Blaumann. Sie ging leicht gebückt. Warum, konnte ich nicht ausmachen. Die Sicht war durch ein Auto versperrt. Erst als ich mich instinktiv noch einmal umdrehte, sah ich, dass der Mann einen Rollator schob. Auf dem Sitz des Rollators thronte unsere vermisste Bewohnerin. Als ich die beiden ansprach und erklärte, dass die Dame zu mir bzw. zum Kurhaus am Park gehöre, antwortete der Herr im Blaumann ganz trocken, dass er das bereits wüsste.
Die Dame würde öfters - außer Atem und aufgelöst - in die Firma kommen. Um sie zu beruhigen, würden er und seine Kollegen ihr stets einen Sitzplatz und einen Kaffee anbieten, was sie auch jedes Mal dankend annehme. Nach der kurzen Atempause würde immer jemand die Dame zurück ins Kurhaus zu begleiten..."
Für Christian war diese Begegnung ebenfalls ein sehr intensiver Moment in seinem Job. Er war überrascht und begeistert von der Reaktion dieser Menschen. Sie haben intuitiv richtig und umsichtig auf die Situation reagiert. Sie haben die Einschränkungen angenommen und der Bewohnerin im richtigen Moment Sicherheit vermittelt.
Ein dickes Dankeschön an die Nachbarn
Für Christian Tölle ist dieser Artikel in der Reihe „Intensive Momente im Pflegealltag“ übrigens auch ein willkommener Anlass ein herzliches Danke an die Nachbarschaft und an die Hennefer zu übermitteln. Menschen, die aus dem Bauch heraus handeln, sich offen desorientierten Bewohner*innen annehmen und intuitiv helfen.