Tipps für ein professionelles Nähe-Distanz-Verhältnis
Das geht mir echt nah! Wer kennt dieses Gefühl nicht? Besonders in der emotional aufgeladenen Weihnachtszeit haben wir oft extrem feine Antennen, was die Themen persönliche Verluste, Einsamkeit und Familie betrifft. Während wir versuchen im Job eine besinnliche, wohnliche Weihnachtsatmosphäre zu schaffen, verlieren wir den Blick für private Verpflichtungen oder persönliche Bedürfnisse.
Die Geschichten, Beziehungen und Lebenswege von Bewohnern berühren uns. Wir erfahren von Verlusten, Konflikten oder eben von dem Gefühl alleine zu sein. Doch wie gehen wir professionell mit diesen Infos um? Wie schaffen wir es die Geschichten und die Eindrücke, die sie bei uns hinterlassen NICHT mit nach Hause zu nehmen? Wie bleiben wir empathisch, aber dennoch professionell distanziert. Wie schützen wir uns selbst?
Erst einmal das Positive sehen!
Wenn sich Bewohner öffnen und uns ihre Gefühle und Familienverhältnisse anvertrauen, ist das erst einmal ein Zeichen dafür, dass eine gewisse Nähe und ein entsprechendes Vertrauensverhältnis vorhanden sind. Punkte, die für unsere Arbeit in der Pflege aber auch in der Betreuung, im Service, in der Haustechnik – eigentlich in jedem Bereich – enorm wichtig sind.
Wir sind nicht allein!
Damit wir diese Geschichten nicht mit nach Hause nehmen und damit womöglich uns oder den Anforderungen der eigenen Familie nicht gerecht werden, können wir uns klarmachen: WIR SIND NICHT ALLEIN.
Ja, wir haben Kollegen mit denen wir im regelmäßigen Austausch Schicksale und tiefgründige Erlebnisse besprechen sowie aufarbeiten können.
Wir können Dinge, die wir als Last, als emotionale Überforderung, empfinden zum Beispiel (auf verschiedene Schichtdienste) aufteilen.
Wir können uns bewusst machen: Es ist immer jemand da, der Ansprechpartner für die Bewohner ist. Wenn wir das erkennen, können wir getrost (ohne schlechtes Gewissen) abschalten.
Es geht darum, diese so gewonnene Distanz nicht als Desinteresse, sondern als Teil des professionellen Umgangs mit Nähe wahrzunehmen, die uns ermöglicht unsere eigenen Ressourcen wieder aufzuladen – und so im Job und im Privaten zu bestehen. Wenn wir das schaffen, sind wir ein gutes Stück vorangekommen auf dem Weg zu einem gesunden Nähe-Distanz-Verhältnis.
„Wir nehmen Anteil – sind aber nicht dazu da, die Probleme vollends zu lösen“
Anteilnahme ist wichtig, die Gefühle des Betroffenen wahrzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen ist wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit, hier im Kurhaus. Das Einfühlen und Mitfühlen stärkt das Vertrauen und kann sogar Angstzustände verringern. Trotzdem brauchen wir gleichzeitig die professionelle Distanz.
Um diese zu wahren oder wieder zu erreichen, gibt es verschiedene Techniken, die dafür sorgen, sich in keine zu nahe Beziehung zu begeben.
Das Kurhaus am Park bietet daher regelmäßig Fortbildungen an. In den Seminaren „Beziehungsgestaltung in der Pflege bei Menschen mit Demenz“ und „Umgang mit Demenz“ werden verschiedene Methoden bzw. Strategien für den Job-Alltag erörtert.
So hilft z. B. die Methode der Validation dabei, Senioren und ihre Geschichten so wahrzunehmen und deren Gefühle anzuerkennen, ohne nach Lösungen zu suchen.
Die Validation – eine wertschätzende Haltung – die ursprünglich für die Begleitung von Menschen mit Demenz entwickelt wurde, hat das Ziel, das Verhalten von dementiell erkrankten Menschen als für sie gültig zu akzeptieren, eben: zu validieren.
Das Validieren als Kommunikationsform korrigiert nicht, sondern akzeptiert, versteht und spiegelt. Eine Technik, die nicht nur den Senioren hilft, sie hilft auch den Pflegern. Elena Jordan, Leiterin des Sozialtherapeutischen Dienstes beschreibt es folgendermaßen: „Die Mitarbeiter im Kurhaus sind nicht dazu da, die Probleme der Bewohner vollends zu lösen, wenn zum Beispiel kein Kontakt mehr zur Familie besteht. Wir können die Gefühle aber wahrnehmen und uns mit diesen auseinandersetzen. Meist bietet dies schon viel Trost, ohne dass wir uns in Familienangelegenheiten einmischen.“
Nach der Arbeit abschalten – aber wie?
Das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz hilft nicht nur im Job – sondern macht sich auch zu Hause bemerkbar.
Wenn ich es schaffe gleichzeitig den Senioren und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, ohne mich selbst zu sehr emotional zu verpflichten, gelingt es mir auch nach (!) der Arbeit besser abzuschalten. Neben der eben skizzierten neuen Einstellung zum Thema Nähe und der Möglichkeit des kollegialen Austauschs darüber, können auch Sport, Hobbies und Familie ausgleichend wirken.
Validation
Quelle Wikipedia
Validation bedeutet „unbedingte Wertschätzung“ und ist eine Umgangstechnik, ferner eine Kommunikationstechnik, im Umgang mit dementiell erkrankten Menschen.
Die Methode der Validation wurde zuerst von Naomi Feil entwickelt. Feil, eine amerikanische Sozialarbeiterin, geht davon aus, dass alte, desorientierte Menschen danach streben, die unerledigten Aufgaben ihres Lebens noch aufzuarbeiten. Die Anwender der Validation nach Feil machen es sich zur Aufgabe, die Menschen bei dieser Aufarbeitung zu unterstützen.
(…) Validation will nicht heilen, sondern entlastend begleiten.